Harald

Harald

Dass das Leben manchmal schnell ganz anders kommen kann, als man sich das so vorstellt musste Harald am eigenen Leib erfahren. "An einem ganz normalen Sonntagmorgen wollte ich, wie immer, frische Brötchen holen und mit meiner Frau in aller Ruhe in den Sonntag starten." erzählt uns Harald als wir über seine Versorgung sprechen. Doch auf dem Rückweg bekam er plötzlich Schmerzen im Unterschenkel, die immer schlimmer wurden. "Ich hab' es dann noch so gerade krabbelnd bis zur Haustür geschafft", erinnert sich Harald, bevor er mit Notarzt und Krankenwagen in ein Soester Krankenhaus eingeliefert wurde.

Harald arbeitet mit der Prothese auf einer Baustelle
Harald stemmt auf einer Baustelle etwas weg

Dann ging alles schnell. "Am 29.10.2017 wurde ich eingeliefert und direkt neun Stunden operiert. Dabei wurde mein Bein, gefühlt komplett, aufgeschnitten. Darauf folgte schon einen Tag später eine weitere OP, die dann fünf Stunden dauern sollte. In der Zeit habe ich nicht viel mitbekommen, von dem was passiert ist. Am Donnerstag, den 02.11. bin ich dann erst richtig zu Verstand gekommen und aufgewacht. Bis zum darauffolgenden Montag wurde dann viel ausprobiert, um das Blut wieder richtig zum Laufen zu bekommen. Bis dahin hatte ich noch viel Hoffnung, dass mein Bein gerettet werden kann. Am selben Tag wurde es dann leider traurige Gewissheit: Ein Arzt sagte mir, dass mein Bein abgenommen werden muss. Bis Mittwoch wartete ich dann auf meinem Zimmer, bis mir genau erklärt wurde, wie die OP ablaufen soll. Ziel war es die Amputation unter dem Knie durchzuführen, falls alle Stricke reißen, müsste aber über dem Knie amputiert werden. Am 10.11.2017 wurde ich dann operiert und bin mit 20 cm Bein aufgewacht.“ Vertraut er uns an. Schlussendich hatte Harald einen arteriellen Verschluss im Knie, der für die Schmerzen verantwortlich war. Die Wunde entzündete sich und das Bein fing kurz vor der Operation sogar an zu stinken. Die Wunde wurde septisch und daher war eine so hohe Amputation unausweichlich.

"Wirklich geholfen hat mit dann im Krankenhaus vor allem die Betreuung meines Orthopädietechnikers. Da wurde mir viel Mut gemacht und ich wurde zügig mit einer Interimsprothese versorgt, um langsam wieder mit dem Laufen beginnen zu können." verrät er uns. Im Anschluss an den Aufenthalt wurde er dann im "Nachbardorf" stationär in einer Rehaklinik aufgenommen. "Da begann für mich der tägliche Horror..." erzählt er uns. "Da ist wirklich nicht alles so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt habe. Ich bekam eine Anwendung pro Tag und unterm Strich habe ich mir mit Unterstützung meiner Frau dann das Laufen wieder beigebracht".

Drei Bauarbeiter auf einer Baustelle - Ein Bauarbeiter mit Prothese
Harald und Ursula in einem Park mit ihren Beinprothesen

Wenn Harald im Nachhinein über seine Behandlung nachdenkt und mit anderen Leidensgenossen spricht, fragt er sich schon, ob es nicht auch eine andere Lösung als eine prompte Amputation gegeben hätte. "Aber zu ändern ist das alles nicht mehr…", erklärt er uns. Heute engagiert Harald sich in einer Selbsthilfegruppe und will anderen Menschen helfen, denen ähnliches bevorsteht oder bereits passiert ist. "Ich habe mich damit abgefunden, trage trotzdem zwei Paar Schuhe und gebe von meinem Bein einfach nichts mehr ab."

Jetzt geht es einfach darum, den Alltag möglichst ohne Beschwerden zu meistern. Harald würde gerne in seinem Beruf als Gas-Wasser-Installateur, Klempner oder Heizungsbauer noch bis zur Rente arbeiten. Leider hat er wegen seiner Behinderung seinen Job verloren. "Auf der Baustelle kann man mich wirklich noch gut gebrauchen". Zurzeit geht er seinem Beruf nur als Nebentätigkeit nach. Als wir ihn während seiner Arbeit besuchen, steht Harald gerade auf einer Leiter und stemmt Beton. Im Alltag bastelt Harald sich einfach praktische Hilfen, die das Leben etwas vereinfachen.

Wir haben größten Respekt davor, wie Harald mit dieser ganzen Situation um geht und versuchen einfach zu helfen, wo wir können. Hängen bleibt bei uns vor allem eins: "Es ist alles ganz großer Mist, was passiert ist, aber man muss das Beste raus machen!" Falls aber jemand eine erfahrene Kraft im Bereich "Gas-Wasser-Installation" sucht, geben wir Haralds Kontaktdaten gerne weiter.

Harald studiert auf einer Baustelle den Bauplan